Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte
Vom Arbeitgeber ausgezahlte Mehrarbeitszuschläge gehören zum Arbeitsentgelt und sind damit beitragspflichtig. Das gilt auch dann, wenn sie an Teilzeitbeschäftigte ausgezahlt werden.
In den letzten Jahren war umstritten, wann Teilzeitbeschäftigte Zuschläge für Mehrarbeit erhalten dürfen. Die zentrale Frage dabei: Werden Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte dadurch gleich oder ungleich behandelt?
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben beschlossen, sich bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung solcher Zuschläge nach der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung zu richten. Das bedeutet: Ob Sozialversicherungsbeiträge auf diese Zuschläge zu zahlen sind, hängt davon ab, wie die Arbeitsgerichte die rechtliche Zulässigkeit beurteilen.
Bisherige Regelung
Teilzeitbeschäftigte hatten nach der bisherigen Rechtsprechung einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge, soweit arbeitsvertragliche, betriebliche oder tarifvertragliche Regelungen vorsahen, dass die Mehrarbeitszuschläge über die Differenz der monatlichen oder jährlichen Teilarbeitszeit zur Vollarbeitszeit hinaus gezahlt werden. Zudem musste mit den Zuschlägen der Zweck verfolgt werden, Einbußen bei der Dispositionsmöglichkeit über die geschützte Freizeit zu belohnen.
Neue Bewertung seit Jahresbeginn
Das Bundesarbeitsgericht hat im Dezember 2024 nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024, C-184/22) seine bisherige Beurteilung aufgegeben und festgestellt, dass vertragliche Regelungen zu Mehrarbeitszuschlägen gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter verstoßen, wenn sie das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzen (BAG, Urteil vom 5. Dezember 2024, 8 AZR 370/20). Damit haben Teilzeitkräfte nun auch Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge, sobald ihre individuelle reguläre Arbeitszeit überschritten ist.
Eine Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten müsste nach der neuen Rechtsprechung sachlich gerechtfertigt werden. Der Grund muss sich aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lassen.
Die sich aus der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergebenden Anforderungen an die arbeitsrechtliche Prüfung von Ansprüchen auf Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte sind daher komplex. Sie verlangen nach einer arbeitsrechtlichen Expertise, die bei den Arbeitsgerichten und nicht bei den Sozialversicherungsträgern vorliegt.
Folgen für die SV-Beurteilung
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben deshalb in einer Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 21. Mai 2025 (Tagesordnungspunkt 3) empfohlen, Beitragsforderungen aufgrund von Ansprüchen auf Mehrarbeitszuschläge nur noch dann zu erheben, wenn entsprechende Sachverhalte arbeitsgerichtlich geklärt sind oder deren Beurteilung aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung rechtssicher abgeleitet werden kann.
Die neuen Grundsätze gelten für Beschäftigungszeiten seit dem 1. Juni 2025.