Geschenke im Arbeitsverhältnis
„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, sagt der Volksmund. Was jedoch privat eine schöne Geste ist, kann im Berufsleben zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Der Grat zwischen einer kleinen Aufmerksamkeit und Bestechung bzw. Korruption ist denkbar schmal und es drohen nicht nur Kündigung und Jobverlust, sondern auch Strafverfahren, Schadenersatzansprüche sowie der Verlust von Ansehen und gutem Ruf. Was ist Arbeitnehmern erlaubt und wo liegt die Grenze?
Präsente und kleine Aufmerksamkeiten an Geschäftspartner oder deren Mitarbeiter sind als Beziehungspflege in der freien Wirtschaft allgemein anerkannt und akzeptiert. Es spricht auch nichts dagegen, zum Jahresende oder nach einem erfolgreichen Geschäfts- oder Projektabschluss eine Flasche Wein, Pralinen oder ähnliche Aufmerksamkeiten zu überreichen. Die Frage ist nur: Handelt es sich um ein Präsent im durchschnittlichen Preissegment oder um eine Kostbarkeit, die mehrere Hundert Euro kostet?
Schwierig wird es bei Präsenten im Arbeitsleben nämlich immer dann, wenn sie über das Übliche hinausgehen. Eine konkrete gesetzliche Regelung gibt es dabei nicht. Im Allgemeinen greift man auf das Steuerrecht (§ 37b EStG) zurück. Dort ist geregelt, dass Arbeitgeber Geschenke bis zu einem Wert von 50 EUR steuerlich absetzen können. Dieser Betrag gilt deshalb als Orientierungswert für Geschenke im üblichen Rahmen – allerdings auch nur dann, wenn damit keine weiteren Erwartungen verbunden sind, wie z. B. eine Vorzugsbehandlung.
Arbeitsvertragliche Regelungen
Immer mehr Arbeitgeber nehmen in die Arbeitsverträge ihrer Beschäftigten die Modalitäten zum Umgang mit Geschenken durch Dritte auf. Beispielsweise wird ein Wert festgelegt, bis zu dem ein Präsent noch angenommen werden darf – oder die Annahme von Geschenken oder Einladungen wird vollständig untersagt.
Noch sinnvoller wäre es, einen entsprechenden Anhang zum Arbeitsvertrag zu nehmen, diesen von den Mitarbeitern zuerst gesondert unterzeichnen zu lassen und sie danach jährlich darüber zu belehren oder zu schulen. In diesem Fall wird kein Arbeitnehmer mehr sagen können, dass er den Vertragspassus nicht gelesen oder die Vorgabe vergessen habe, weil der Vertragsabschluss schon einige Jahre zurückliege.
Genauso kann eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat abgeschlossen werden, um den Umgang mit Präsenten, Einladungen oder sonstigen Goodies zu regeln und zu begrenzen.
Wer gegen diese Vorgabe verstößt, riskiert die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, selbst wenn die Annahme keinen Einfluss auf das eigene Verhalten oder die getroffenen geschäftlichen Entscheidungen gehabt haben sollte
Besondere Regeln im öffentlichen Dienst
Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gelten deutlich strengere Regeln als in der freien Wirtschaft. Vor allem für Beamte gelten strikte Vorgaben, nach denen Geschenke oder Aufmerksamkeiten bei der Dienststelle zu melden sind und nur bis zu einem Wert von 10 EUR angenommen werden dürfen, wenn es sich um geringwertige Aufmerksamkeiten wie Kugelschreiber oder Kalender handelt. Auch für Angestellte im öffentlichen Dienst gelten vergleichbare Vorgaben.

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Verbotene Geschenkannahme
Arbeitsrechtliche Konsequenzen
Bei einem geringfügigen Verstoß mag es bei einer Abmahnung bleiben. Hat der Arbeitnehmer jedoch massiv gegen die Interessen des Arbeitgebers und die betrieblichen Spielregeln verstoßen, muss er mit einer – ggf. fristlosen – Kündigung rechnen. Dies gilt insbesondere, wenn dem Arbeitgeber ein nachweisbarer – nicht zwingend materieller – Schaden entstanden ist: Auch ein erheblicher Imageverlust kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Bei einem bezifferbaren Schaden kann der Arbeitgeber zudem Schadenersatz fordern.
Selbst ohne Nachweis eines konkreten Fehlverhaltens des Arbeitnehmers ist eine fristlose Kündigung möglich. Das LAG Rheinland-Pfalz hielt die Kündigung eines Personalleiters nach der Annahme von Eintrittskarten für ein Fußballspiel in einer VIP-Loge mit Bewirtung für sachgerecht und führte dazu aus, dass man bei einem Geschenk dieser Größenordnung davon ausgehen könne, dass der Schenker weitergehende Absichten habe. Grundsätzlich sei in diesem Fall eine fristlose Kündigung gerechtfertigt, nur aufgrund des Alters und der langen Betriebszugehörigkeit sei ausnahmsweise noch eine fristgerechte Kündigung angemessen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Januar 2009 – 9 Sa 572/08).
Auch bei einem Mitarbeiter eines Ordnungsamtes reichte dem Gericht der Verdacht einer Vorteilsannahme für die Rechtfertigung einer Kündigung aus. Dem Beschäftigten wurde zur Last gelegt, in einem Imbiss vergünstigte Speisen erhalten und dafür im Gegenzug bei vor dem Lokal falsch parkenden Kunden ein Auge zugedrückt zu haben (Arbeitsgericht Krefeld, Urteil vom 18. September 2015 – 2 Ca 1992/13).
Strafrechtliche Konsequenzen
Im Falle der unerlaubten Annahme von Vergünstigungen zum eigenen Vorteil können unabhängig von arbeitsrechtlichen Maßnahmen auch strafrechtliche Schritte eingeleitet werden.
Häufig wird ein Verfahren wegen Untreue die Folge sein. Darunter versteht man ein Verhalten des Arbeitnehmers, das die dem Arbeitgeber geschuldete Treue durch einen Vertrauensbruch verletzt und dessen Vermögensinteressen schädigt. Der Beschäftigte missbraucht in diesen Fällen seine Stellung oder seine Befugnisse zum Nachteil des Arbeitgebers. Auch die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen kann den Tatbestand der Untreue erfüllen, wenn dadurch eine Vermögensbetreuungspflicht verletzt wird.
Weitere Straftatbestände sind Korruption und Bestechlichkeit, wenn Arbeitnehmer ihre Position ausnutzen, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen, wie z. B. durch Gewährung von Rabatten gegen persönliche Zuwendungen.
Systematische Prävention
Immer mehr Unternehmen betreiben neben den einzelvertraglichen Vereinbarungen systematische Korruptionsprävention. Zu einem entsprechenden Compliance-Management-System gehört vor allem:
- Akzeptanz für das Thema schaffen,
- Compliance-Richtlinien aufstellen,
- mögliche Risikobereiche identifizieren,
- Mitarbeiter informieren und sensibilisieren,
- Einführung eines Hinweisgebersystems.